Hochbegabte Mädchen

Die Mehrzahl der Untersuchungen, unabhängig davon, ob hochbegabte Kinder durch Tests oder durch (Selbst)Nominierung entdeckt wurden, zeigt das gleiche Bild: Hochbegabte Mädchen sind unterrepräsentiert. Eigentlich sollte das Verhältnis von hochbegabten Mädchen und Jungen annähernd ausgeglichen sein.
Beratungsstellen und Vereine, die sich um hochbegabte Kinder kümmern, machen diese Erfahrung auch: Überwiegend kommen Mütter wegen der Söhne im Kindergarten und Grundschulalter, das Verhältnis beträgt etwa 3:1. Eine Erklärung: Im Kindergarten sind viele, in der Grundschule sind alle Kinder regelmäßig in einer Gruppe. Kinder, die vom Durchschnitt sehr abweichen, fallen auf, positiv und negativ. Wenn das ‚Programm‘ für Jungen nicht stimmt, wenn also in diesem Fall hochbegabte Jungen durch die Angebote, die für durchschnittlich weit entwickelte Kinder genau richtig, sogar herausfordernd sind, völlig unterfordert sind, können sie das sehr deutlich zum Ausdruck bringen: durch Stören, nicht Mitarbeiten, durch aggressives Verhalten gegen andere oder auch sich selbst, durch Depressionen.
Auch hochbegabte Mädchen können unterfordert sein, aber sie bringen das eher anders zum Ausdruck, z.T. auch durch Aggression bzw. Autoaggression, aber auch durch körperliche Beschwerden wie Bauchschmerzen, Rückzug.
- Ein hochbegabtes Mädchen war in der Grundschule völlig unauffällig, erledigte alle Aufgaben sehr gut, aber sie wurde zuhause zunehmend aggressiver gegenüber ihren Geschwistern. Im Laufe des Vormittags nahm sie sich mehrere Stunden zusammen, mittags konnte sie nicht mehr. Sie übersprang eine Klasse. In der Schule waren Verhalten und Leistungen genau wie vor dem Überspringen, aber die Aggressionen zu Hause verschwanden. Nicht immer ist das Problem der Unterforderung so leicht zu lösen, aber das Überspringen ist eine Möglichkeit.
- In einem niederländischen Lehrfilm über ein 'typisches' hochbegabtes Mädchen und einen 'typischen' hochbegabten Jungen wird gezeigt, welche massiven Probleme Hochbegabte entwickeln können, wenn die Anforderungen der Institutionen Kindergarten und Grundschule an ihren Bedürfnissen völlig vorbeigehen. Das Mädchen entwickelte so heftige Bauchschmerzen, dass sie fast am Blinddarm operiert worden wäre. Und sie schlafwandelte und übergab sich dabei sehr häufig. Der Hausarzt stellte die richtige Diagnose: „Sie findet die Schule zum Kotzen.“
Diese Beispiele treffen selbstverständlich nicht auf alle Hochbegabten zu. Es gibt allerdings Vermutungen, dass etwa 15-20% der Hochbegabten so massive Probleme haben, dass sie ohne therapeutische Hilfe nicht zurechtkommen. Das bedeutet: 80-85% der Hochbegabten haben nicht mehr oder größere Probleme als andere Kinder auch.
Ich wurde auf die Thematik zuerst durch einen Jungen aufmerksam, der an einer Realschule trotz getesteter Hochbegabung zwei Mal hintereinander sitzenblieb und auf die Hauptschule abgehen musste (s. das Kapitel ‚Martin‘ in Heinbokel 2011). Trotzdem lagen mir von Anfang an die hochbegabten Mädchen besonders am Herzen. Deshalb gibt es auf dieser Website eine extra Rubrik ‚Hochbegabte Mädchen‘, deshalb enthalten meine Bücher ein Kapitel über hochbegabte Mädchen, oder der Focus liegt auf den Mädchen. Hier finden Sie die Kapitel über Mädchen aus zwei Büchern:
 
Kapitel 8 Hochbegabte Mädchen, Auszug aus
Heinbokel, Annette (2011) Hochbegabung. Erkennen, Probleme, Lösungswege, Münster, LIT Verlag, 6. Auflage (zuerst erschienen1988  im Nomos Verlag)
 
Kapitel 6.2 Die Situation von Mädchen, Auszug aus:
Heinbokel, Annette (2004). Überspringen von Klassen. Münster, LIT Verlag, 3. Auflage
 
Die Zeiten haben sich geändert – aber noch nicht genug
Annette Heinbokel (2002)
 

 

Kontakt

Institut für Enrichment & Akzeleration
Dr. Annette Heinbokel, Dipl. Päd.

Bismarckstr. 100
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Telefon 0421 988 830 93
IEuA@swbmail.de
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nach Vereinbarung

Bücher

Annette Heinbokel (2. Auflage 2012)
Handbuch Akzeleration – Was Hochbegabten nützt, LIT Verlag, Münster
ISBN 978-3-643-10245-4

 

 

Annette Heinbokel (1. Auflage 2016)
Eine Klasse überspringen – sonst wäre ich fipsig geworden, LIT Verlag, Münster
ISBN 978-3-643-13147-8